Donnerstag, 19. April 2018

Such dir selbst den Schluß! Es muss ein Guter sein, muß, muß, muß!

Aufgabe: Hier
"Euer einstiger Befehl
Gut zu sein und doch zu leben
Zerriß mich wie ein Blitz in zwei Hälften. Ich
Weiß nicht, wie es kam: gut sein zu andern
Und zu mir selbst konnte ich nicht zugleich
Andern und mir zu helfen, war mir zu schwer.
Ach, eure Welt ist schwierig! Zu viel Not, zu viel
Verzweiflung!"
(Shen Te, Bild 10)

Im letzten Bild des Theaterstückes sieht Shen Te ein, dass sie kein guter Mensch sein kann, woraufhin sie die drei Götter verzweifelt um Hilfe bittet. Die drei Götter jedoch wollen sich nicht eingestehen, dass sie den vermeintlich gefundenen guten Menschen wieder verloren haben und somit, was den guten Menschen betrifft, wieder ganz am Anfang stehen ("Ein Mißverständnis! Einige unglückliche Vorkommnisse! Ein paar Nachbarn ohne Herz! Etwas Übereifer!", S. 140 Z. 24 - 26). Die Götter ignorieren Shen Tes Hilferuf und verschwinden mit einer rosa Wolke aus dem Szenenbild. Im Epilog tritt ein Schauspieler auf und spricht direkt zum Publikum, wobei er dem Publikum offenbart, dass er ihnen keinen Schluss bieten kann und das Publikum sich selbst einen Schluss überlegen muss.

Bertolt Brecht hat das Ende bewusst offen gelassen und einen Schauspieler zum Publikum sprechen lassen, um die Zuschauer zum Nachdenken anzuregen. Seine Absicht war es, die Zuschauer nach der Vorstellung an das Theaterstück weiterhin zu binden, indem sie darüber nachdenken, und um das zu bewirken hat er den größten Verfremdungseffekt in den Schluss eingefügt, da dieser nach einer Vorstellung noch am präsentesten im Kopf der Zuschauer bleibt. Würde das Publikum am Ende der Vorstellung mit einem abgeschlossenen Schluss beziehungsweise mit einer Lösung nach Hause gehen, würden sie die Entscheidung des Autors lediglich hinnehmen und nicht darüber reflektieren. Bertolt Brecht hat geschickt einige Verfremdungseffekte mit eingebaut. Zum Einen werden die Götter ins Lächerliche gezogen, indem sie mit einer rosa Wolke davonschweben, was auch noch einmal zeigt, dass Bertolt Brecht den Glauben kritisiert. Er drückt damit aus, dass die Menschen nicht auf ein Wunder, herbeigeführt von den Göttern, warten sollen, sondern selbst tätig werden müssen. Zum Anderen ist auch der zum Publikum sprechende Schauspieler ein Verfremdungseffekt, da er es auffordert sich selbst einen Schluss zu suchen und nicht mehr in seiner Rolle ist. Diese Eigenschaften des Schlusses sind alle sehr typisch für das epische Theater, welches Bertolt Brecht erfunden hat. Außerdem wird mit diesem Schluss auch noch einmal verdeutlicht, dass es nie im Leben vorgefertigte Lösungen für einen gibt, weshalb man auch im realen Leben lösungsorientiert handeln muss.
Im Epilog werden Alternativen beziehungsweise Lösungsvorschläge dem Zuschauer angeboten, um ihm einen Gedankenanstoß zu geben.

"Soll es ein andrer Mensch sein? 
Oder eine andre Welt?
Vielleicht nur andre Götter?"
(Epilog)

Meiner Meinung nach ist es schier unmöglich den "richtigen" Schluss zu finden beziehungsweise die "perfekte" Lösung zu erarbeiten. Das Leben ist niemals perfekt, denn es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Genauso wenig gibt es den einen "guten" Menschen, da die Menschen gar nicht nur gut sein können, weil jeder Mensch neben seinen Stärken auch Schwächen hat. Es wäre sehr schwierig alle Menschen mit einem neuen System oder einer neuen Welt zufrieden zu stellen, denn ihnen stehen das Bestrebung, der Egoismus, die Gier und das Verlangen nach Reichtum und ewigem Glück im Wege. Es wäre eine Möglichkeit alles anders zu gestalten, das heißt andere Menschen mit anderem Bestreben, anderen Eigenschaften und anderen Wertevorstellungen, die in einer anderen Welt mit einem anderen System leben. Wie man sieht ist dies unmöglich, womit eine perfekte Lösung ausgeschlossen ist. Allerdings könnte man einige der oben genannten Veränderungen umsetzen und somit die Situation zumindest optimieren. Es sollte nun jedem klar sein, dass nichts im Leben perfekt war, ist und sein wird.

2 Kommentare:

  1. Wow! Dein post ist in einer bewundernswerten Sprache geschrieben. Dem Inhalt kann ich nur zustimmen. :))

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  2. Bei deinen Posts fehlen mir stets dir Worte... :) Daumen hoch, toll gemacht!!!

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